Drei plus Eine Frage an Prof. Christian Hesse

1. Februar 2016

Porträts am Fachbereich Mathematik

Herr Prof. Hesse, wie sind Sie zur Mathematik gekommen?
Auf dem Umweg über die Medizin, die ich zunächst zwei Semester studiert habe, aber intellektuell als zu wenig anspruchsvoll empfand. Nach dem Wechsel zur Mathematik bekam ich bald die Chance, bei einem bekannten Wissenschaftler an der Harvard Universität (USA) zu promovieren und schon während meiner Studienjahre am Institute for Advanced Study (Australien) zu arbeiten. Zwei große intellektuelle Abenteuer, wenn man aus einem kleinen Nest im Sauerland kommt.

Woran forschen Sie?
Mein wissenschaftliches Arbeitsgebiet ist die Stochastik, speziell die Mathematische Statistik. Im Moment beschäftige ich mich mit dem Thema, welche Informationen man wie - und wie präzise - aus indirekten und zudem verrauschten Datensätzen herausziehen kann. (Stichworte: Inverse Probleme, Dekonvolution, Big Data). Mit diesem Thema habe ich mich besonders bei mehreren Gastaufenthalten an der University of California in Santa Barbara beschäftigt, an der ich über die letzten vier Jahre verteilt mehr als 12 Monate verbracht habe, einschießlich meines Forschungssemesters. Seit ich das Bundesverfassungsgericht bei seinem Wahlrechtsurteil beraten habe - übrigens die verantwortungsvollste Aufgabe, der ich mich je gegenüber sah -, in dem das Gericht eine Korrektur des bestehenden Bundestagswahlrechts verlangt hat, beschäftige ich mich derzeit außerdem mit den Auftretenswahrscheinlichkeiten bestimmter Paradoxien (Stichwort: Negative Stimmgewichte) bei Wahlsystemen.

Wie sind Sie über die Mathematik hinaus bekannt geworden?
Ein kleiner Teil meiner Zeit und Energie ist darauf gerichtet, im Rahmen meiner Möglichkeiten das öffentliche, stark klischeebehaftete Bild der Mathematik zu verändern. Dazu habe ich ein paar populärwissenschaftliche Bücher geschrieben, die in mehrere Sprachen bis hin ins Japanische und Koreanische übersetzt wurden, und mich auch ab und an Interviewanfragen der Medien gestellt.

Bleibt noch Zeit für Anderes?
Ja, meine Familie ist mir sehr wichtig.
Auch befasse ich mich in meiner Freizeit mit Schach. Darüber habe ich zwei Bücher geschrieben, die meine stark mathematisch geprägte Beziehung zum Schachspiel und einige persönliche Erlebnisse darstellen, wie etwa meine Partie 2010 gegen den damaligen Weltmeister Viswanathan Anand in Zürich.

Prof. Dr. Christian Hesse
Abteilung für Mathematische Statistik
Institut für Stochastik und Anwendung

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