Das Böhmische Gewölbe

Fachbereich Mathematik

Erläuterungen zur Sammlung mathematischer Modelle

Mathematische Definition: Es sei ein Kreis C und eine Ebene E gegeben. Dabei sei E senkrecht zu der Ebene, in der C liegt. Die Einhüllende aller Kreise, deren Mittelpunkt auf C liegt, die den gleichen Radius wie C haben und die parallel zu E liegen, nennt man Böhmisches Gewölbe.

Erklärung für Alle

Was ist das Böhmische Gewölbe?

Man kann sich vorstellen, dass ein Kreis waagerecht über dem Boden „liegt“. Dieser Kreis heißt C. C wird später die Leitlinie für einen zweiten Kreis sein. Dann stellt man sich noch eine Ebene vor, die wie eine Hauswand senkrecht steht. Das ist die Ebene E. Ein zweiter Kreis mit demselben Radius wird nun in C eingeklinkt, sodass sein Mittelpunkt auf C liegt. Wir nennen diesen Kreis K. K soll außerdem parallel zu E sein, das bedeutet, man stellt sich vor, er hat die gleiche Ausrichtung wie die Hauswand.

Jetzt lässt man Kreis K entlang des Leitkreises C fahren, bis er wieder seinen Ausgangspunkt erreicht hat. Man stellt sich nun vor, K hinterlässt dabei eine Farbspur in der Luft, sodass jeder Punkt, den K überstrichen hat, markiert wird. Das eingefärbte Gebilde, das man dann erhält, nennt man Böhmisches Gewölbe.

Das mathematische Objekt ist im Gegensatz zum Gipsmodell nicht ausgefüllt, sondern hohl. Das Böhmische Gewölbe ist also kein Körper, sondern eine Fläche im dreidimensionalen Raum. Es ist ein Beispiel für sogenannte Verrückungsflächen, denn es enteht dadurch, dass der eine Kreis auf dem anderen verschoben (verrückt) wird.

Kreise auf dem Böhmischen Gewölbe

Da die Fläche durch Verschieben eines Kreises entstanden ist, liegt es nahe, dass man einige markante Kreise auf der Fläche finden kann. Diese sind im Gipsmodell leicht eingeritzt.

Beispielsweise erkennt man den Kreis, der die vorne sichtbare Einbuchtung umschließt. Wenn K „ganz vorne“ ist, also dann, wenn er der Kamera am nähesten steht, dann ist das genau dieser Kreis. Wenn man das Böhmische Gewölbe gegen eine Wand schiebt, würde dieser Kreis als erstes die Wand berühren. Die Ebene, die die Wand dann darstellt, nennt man deshalb Berührebene des Böhmischen Gewölbes. Genau so einen Kreis und die entsprechende Berührebene findet man auch auf der Rückseite.

Die beiden Kreise oben und unten sind keine verschobenen Variante von K, sondern die Spur eines Punktes auf K. Markiert man sich den höchsten Punkt von K und bewegt K entlang des Leitkreises, dann fährt der markierte Punkt genau diesen oberen Kreis ab. Mit dem tiefsten Punkt verhält es sich ähnlich – man erhält den unteren Kreis, der gerade auf dem Boden aufliegt.

Zwei weitere Kreise findet man links und rechts. Diese entstehen, wenn K sich ganz links bzw. ganz rechts befindet. Diese beiden Kreise verlaufen durch den Mittelpunkt von C und umschließen je eine Seite des Böhmischen Gewölbes.

Auch waagerecht wird das Böhmische Gewölbe von zwei Kreisen links und rechts umschlossen. Diese sind die Spur der beiden äußersten Punkte von K. Die Kreise ergeben sich, wenn man den Punkt links außen bzw. rechts außen markiert und K entlang C bewegt. Auch diese Kreise treffen sich im Mittelpunkt von C.

Symmetrie

Das Böhmische Gewölbe ist symmetrisch: Man kann es um 90° nach vorne kippen und erhält dieselbe Figur. Man sagt, das Böhmische Gewölbe hat eine 4-zählige Rotationssymmetrie. Man kann dies daran erahnen, dass die zuvor beschrieben Kreise je einmal waagerecht und einmal senkrecht auftauchen. Dies lässt sich mithilfe von Vektoren erklären. Man sieht dann, dass es egal ist, welcher Kreis entlang des anderen bewegt wird.

Um vom Mittelpunkt M zu einem einem Punkt P auf dem Böhmischen Gewölbe zu kommen, geht man erst zu Punkt Q auf dem Leitkreis C. Man folgt also dem Vektor u, der vom Mittelpunkt von C zu einem Punkt auf C verläuft. Anschließend geht man von Punkt Q zu Punkt P, der ja auf dem Kreis K um Q liegt. Dazu folgt man dem Vektor v, der vom Mittelpunkt von K zu einem Punkt auf dem Kreis verläuft.

Die beiden Kreise sind jeweils die um 90° gekippte Version des anderen. Das bedeutet, man erhält die um 90° gekippte Variante des Böhmischen Gewölbes, wenn man die Rollen vertauscht und C entlang K bewegt anstatt umgekehrt.

In dem Fall folgt man zuerst dem Vektor v, um die Position von C zu bestimmen, und folgt dann dem Vektor u. Wenn man die Reihenfolge der Vektoren vertauscht, landet man beim selben Punkt. Da dies für alle Paare von Vektoren gilt, erhält man dieselbe Fläche, wenn man das Böhmische Gewölbe um 90° kippt. Das bedeutet, das Böhmische Gewölbe hat die beschriebene Rotationssymmetrie.

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